Ahnenforschung in Lateinamerika ist nicht selten eine Einbahnstraße, die nach Europa führt und sich im transatlantischen Nebel verliert. So auch die Familiengeschichte des Hamburger Regisseurs Darío Aguirre Wolf, der in WIR, DIE WOLFS nach Guayaquil reist, um mit seinen Familienangehörigen den in Ehren gehaltenen Mythos um seinen deutschen Ururgroßvater Franz Theodor Wolf auf Herz und Nieren zu prüfen.

Dass die menschliche Selbstverständigung auf Klitterungen und selektiven Rekonstruktionen der eigenen Ursprünge fußt, wird vor allem in Aguirres Dialog mit seiner charmanten Großmutter manifest, die gemeinsam mit ihrem Enkel in den Spiegel der Familiengeschichte blickt und mit verdrängten Lebenspfaden konfrontiert wird, die aus der Familiensaga ausgeschlossen wurden. Bei der behutsam reflektierenden Spurensuche wird klar, dass das eigentliche Mysterium der Selbstsuche die vermeintliche Ururgroßmutter Jacinta Pasaguay ist, die hinter dem Sockel des schwäbischen Naturforschers versteckt gehalten wird. 

Wie auch in seinen bisherigen Dokumentarfilmen hat Aguirres Vorgehensweise Methode und besticht durch ehrliche und ergebnisoffene Begegnungen mit sich und den Seinen. Nebenbei ist WIR, DIE WOLFS als Paradebeispiel für so viele lateinamerikanische Herkunftsverstrickungen eine Einladung, das kolonial-patrilineare Erbe aus dem Blickwinkel selbstkritischer Spätgeborener zu betrachten.

Zu Gast: Dario Aguirre (Regie)